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Torog, afghanischer Koochee Rüde
Foto: Bernd Kornmaier

Der Sage Koochee ...

oder die afghanische Variante des centralasiatischen Owtscharkas

Obwohl die Hunde Centralasiens mindestens im internationalen Dachverband der FCI als eine Rasse geführt werden - mit Russland als Ursprungsland - ist es wichtig und interessant, sich mit den verschiedenen lokalen und regionalen Schlägen zu beschäftigen.

Da in den meisten Ursprungsländern die Zahl der Hunde eher am abnehmen ist (Rückgang der Viehzucht - und Haltung, Kriege), wären sicher die Bemühungen in einigen dieser Länder (z. B. Turkmenistan) falsch, aus diesen Schlägen eigene Rassen zu "kreieren". Dies deswegen, weil dann die Zuchtbasis zu eng wird. Wohin dies führen kann, haben genug Rassen erleben müssen und zum Vorteil der Hunde war dies nie.

Andererseits wird es aber auch in Zukunft so sein, dass diese regionalen Schläge mehr oder weniger rein erhalten bleiben, weil anders als in Russland, an einem "bunten Gemixe" kein Interesse besteht. Einer dieser Schläge ist der afghanische "Sage-Koochee", übersetzt nichts anderes als der Hund der Nomaden. Auch hier unterscheidet man in den schwereren und größeren Bergtyp, der "Djence Sheri" genannt wird, was soviel wie "Löwen-Rasse" bedeutet. Sowie der etwas leichtere und dadurch schnellere Oasen- oder Steppentyp, der "Djence Palangi", also der "Tiger-Rasse".

Chal, Koochee Rüde
Foto: Rassaq Qadirie

Diese beiden Unterscheidungen werden ergänzt durch die Bezeichnung "Sage Rama". Hunde die so bezeichnet werden, sind die "Wächter der Herden". Übersetzen könnte man den Begriff mit Schäferhund, allerdings sind sie nicht zu verwechseln mit Hütehunden, sondern sie übernehmen den reinen Herdenschutz vor zwei- und vierbeinigen "Räubern".

Daher kann man die Aufgabengebiete des Koochee so einteilen: Begleiter und Wächter der Karawanen, Beschützer des Viehs, z. B. Rinder, Esel, Schafe und Ziegen und Wachhund der Dörfer und Höfe.

Diese Aufgaben erfüllen die Hunde, seit das Land besiedelt ist, oder von Nomaden benützt wird, ihre Geschichte ist also so alt, wie die Geschichte der Menschen in Afghanistan. Wie schon geschrieben, leider nimmt die Zahl der Hunde ab. Dazu schreibt Rassaq Qadirie: "Der Sage-Koochee ist nicht mehr so verbreitet wie vor der russischen Invasion. Die Kamel-Karawanen sind nicht mehr länger das Reisemittel und so benötigte man die Begleithunde auch nicht mehr. Die Zahl der Nomaden, die Viehbestand haben, geht zurück, und die Hunde, die über Tausende von Jahren die Tiere bewacht haben, haben nun keine Aufgabe mehr. Die Besetzung Afghanistans durch die Russen und der dann folgende Krieg hat auch Spuren bei dem Sage-Koochee hinterlassen. Während des Krieges erschossen die Russen oftmals die Wachhunde oder sie brachten die Hunde nach Russland, wo sie in die Zucht der modernen CAO-Linien einbezogen wurden. Es gibt aber immer noch Sage-Koochee Hunde, die ihrer traditionellen Aufgabe nachgehen sowie Wachhunde, die mit den Nomaden in den entlegenen Gebieten Afghanistans leben."

Zurha, Hündin
Foto: Rassaq Qadirie

Obwohl sich Afghanistan in der Mitte Centralasiens befindet, erhielten sich die Hunde verhältnismäßig rein. Dies liegt unter anderem daran, dass auch dieses Land relativ isoliert war, bzw. die Einflüsse durch andere Völker nicht von Bedeutung waren, vor allem die der nichtmuslimischen (England, Russland). Heute wird zwar der Sage-Koochee als eine Variante des Centralasiaten, bzw. als solcher bezeichnet, aber das ist nicht richtig. Genauso unrichtig übrigens, wie die verschiedenen Schläge der anderen Länder Centralasiens (Turkmenistan, Usbekistan, usw.) alle als Sredneasiatskaia Owtscharka bezeichnet werden. Wie und warum all diese Hunde aber unter diesem Namen durch die ehemalige Sowjetunion vereinnahmt wurden, ist auf dieser Seite bereits beschrieben worden unter dem Artikel "Ursprungsländer". Viele dieser Varianten aber verschwinden auch deswegen, oder ihre Zahl sinkt ständig, weil sie im- und exportiert werden zwischen verschiedenen Ländern, in denen Inzucht betrieben wird und nur der Standard der Sredneasiatskaia Owtscharka als Richtlinie genommen wird.

Dazu schreibt Rassaq Qadirie: "Der Unterschied zwischen dem Sage-Koochee und dem "Russischen Zentralasiatischen Owtscharka" ist, dass die afghanische Version der Rasse reiner erhalten wurde aufgrund der Lage des Landes und des mangelnden Importes anderer Rassetypen aus Zentralasien. Die Russen hingegen haben alle möglichen verschiedenen Typen des CAO aus ganz Asien importiert und Inzucht betrieben. Auf diese Weise ist der Sredneasiatskaia Owtscharka ein unbeständiger Typ geworden. Die Schäferhunde aus Afghanistan werden als ähnlich zu denen aus Ost- Turkmenistan und West-Iran, die an Afghanistan angrenzen, angesehen. Diese Hunde sollten sich von den CAO's aus Zentral- Turkmenistan und den anderen Gebieten unterscheiden." Allerdings ist der Koochee nicht eine reine afghanische Variante des Centralasiaten. Erinnert sei in diesem Zusammenhang, dass im Norden von Afghanistan die Bevölkerung sehr "gemischt" ist. So leben im Nordwesten Usbeken und im Nordosten Tadschiken und auch die haben und hatten Einfluss auf die Zucht der Hunde.

Äußeres Erscheinungsbild

Rein von der Optik unterscheiden sich die Hunde Afghanistans sehr wohl von den Centralasiaten Russlands. Auch dazu sei Rassaq Qadirie zitiert: "Der Sage Koochee hat oft eine quadratische Form aufgrund seiner perfekten Hinterlinie, aber die häufigere Form ist die rechteckige Form des Körpers. Verglichen mit den CAO's, die die Russen züchten, hat der Sage Koochee gewöhnlich eine perfekte Winkelung. Manchmal findet man Koochee-Hunde mit einer ausgeprägteren "Mastiff-Erscheinung" als der ursprüngliche Koochee-Hund, aufgrund gezielter Züchtung. Die Größe eines Rüden ist gewöhnlich 70 - 86 cm (27,5 - 33 Inches), die Hündinnen sind immer kleiner.

Der Sage-Koochee-Rüde wiegt 60 - 75 kg (132 - 165 Pfund), wobei die schwersten Hunde unter den Bergtypen (Djence Sheri) zu finden sind.

Kopfbild Shir Khan
Foto:
Eigentümer mir bekannt

Normalerweise sind die Ohren sowie der Schwanz des Sage Koochee kupiert. Meistens wird nur 1/3 des Schwanzes entfernt." Ergänzen könnte man noch, dass die Hunde Afghanistans wesentlich harmonischer sind. Darunter ist zu verstehen, dass bei vielen Hunden aus Russland die Proportionen nicht mehr stimmen. Zum Beispiel haben viele eine zu schwache Hinterhand im Vergleich zum gesamten Gebäude, oder die Köpfe sind zu schwer und zu groß. Auch die Hängelefzen vieler "Russenhunde" sieht man beim Koochee nicht.

Der Gebrauch des Wortes Alabai

Es ist verschiedentlich schon angeklungen, gerade in Deutschland wird der Begriff "Alabai" missbraucht. Besonders peinlich, oder vielleicht auch eine Masche ist es, dieses Wort im Zusammenhang mit turkmenischen Hirtenhunden zu benützen. Hier tun sich die beiden Züchter Georg C. Meyer und Schneider besonders hervor. Auch im folgenden Zitat von Rassaq Qadirie zu dem Bergriff "Alabai" sind diese Züchter gemeint. Er schreibt: "Heute gebrauchen viele CAO-Züchter den Namen "Alabai" auf ihren Web-Seiten und auch als Zwingernamen.

Kürzlich fragte ich einen modernen deutschen Züchter, der Hunde aus Novosibirsk und anderen Orten importiert, was das Wort "Alabai" für ihn bedeute, und er sagte: "Große weiße Hunde aus Turkmenistan". Einige moderne CAO-Züchter wissen nicht einmal, wo diese Länder liegen, noch kommen ihre Hunde aus Turkmenistan...

... Wenn man einen turkmenischen Hund "Alabai" nennt und diese von vielen Leuten als die besten Hunde angesehen werden, wie soll man dann die anderen typischen CAO's aus den zentralasiatischen Ländern nennen (z. B. Hunde aus Pamir)?

Im Jahre 2002 war ich im Norden Afghanistans (wo Menschen aus Turkmenistan, Usbekistan und Tadjikistan leben) und fragte nach der Bedeutung "Alabai". Dort erhielt ich folgende Antwort: Ein Hund mit gemischten Farben, wie z. B. ein weißer Hund mit braunen, schwarzen oder ockerfarbenen Flecken usw. Ich glaube, dass das Wort "Alabai" nicht die Bezeichnung für die CAO-Rasse ist. In Turkmenistan ist das Wort "Alabai" ein Adjektiv, welches zur Beschreibung der dortigen Herdenschutzhunde dient.

In Tadjek Afghani (Dari-Sprache) wird diese Farbe "ablag".' oder "fleckiger Hund" genannt, was für die Menschen dort bedeutet, dass der Hund viele Erbfaktoren hat. Sie sagten auch, dass die Bedeutung des Wortes in unserer Sprache mehrere Bedeutungen hat: wild, stark, loyal, unabhängig, standhaft, Freund. Ich freute mich, dieses zu hören, weil das für mich Sinn macht. Ich kenne diese Hunde und weiß, dass sie alle diese Charaktereigenschaften haben und noch viele mehr. Ablag oder Alabai und viele andere dieser volkstümlichen Wörter beschreiben also diese Qualitäten.

Leia, Hündin
Foto: Hartmut Deckert

Weshalb wird das Wort "Alabai" für diese Rasse gebraucht? Weshalb sind keine anderen volkstümlichen Namen von den modernen CAO-Züchtern des Westens für diesen Typ Hund gebraucht worden? Ein anderes Problem ist, dass einige der modernen CAO-Züchter nicht wissen, dass die Turkmenen und Tadjiken aus verschiedenen Gründen umherzogen. Deshalb findet man diesen Typ von Hund, den viele westliche Züchter "Alabai" nennen, auch in anderen Gebieten als in Turkmenistan. Das Volk der Uigor Turkoman zum Beispiel lebt mit seinen Hunden in dem Gebiet von China, angrenzend an das Pamirgebirge. Auch das Volk der Tadjik Aimag lebt in Tadjikistan und in Afghanistan mit seinen Hunden."

Zucht

Auch in der Zucht gehen die verschiedenen Länder verschiedene Wege. Dies liegt eben daran, dass verschiedene Bedürfnisse verschiedene Lösungen erfordern. Mit der Ausbreitung der Centralasiaten gerade auch in Europa haben sich die Hunde aber wieder sehr verändert, nicht aus Bedürfnissen, sondern aus optischen Gründen. Qadirie schreibt: "Heute werden sehr sehr schwere Zentralasiatische Schäferhunde gezüchtet. Ich glaube, dass sie sich nur halb so schnell bewegen wie die Arbeitstiere in ihrem Heimatland. Manche Züchter argumentieren, dass die Hunde in den westlichen Ländern nicht so agil sein müssen. Wenn das ihr Ziel ist, ist es in Ordnung, aber dann sollten diese Züchter nicht behaupten, dass diese Hunde den "Originaltyp" repräsentieren, den man in solchen Ländern findet. Dennoch glaube ich, dass es möglich ist, einen schweren Hund zu züchten, ohne dass sie ihre Agilität verlieren, wenn man die Eltern vernünftig aussucht.

Wenn man eine exzellente Linie von Hunden, deren genetischer Hintergrund bekannt ist, züchtet zusammen mit Hunden, die eine mangelnde Qualität haben, dann kann man diese Blutlinie schädigen. Ich glaube, man kann eine über Tausende von Jahren aufgebaute gute Zucht auf diese Weise schnell schädigen. Wenn dies erst geschehen ist, kann es nicht mehr wieder aufgebaut werden. Mein Wunsch ist es, die Hunde zu schützen, die noch keine Schutzimpfung bekommen haben, keinen Tierarzt gesehen haben und trotzdem 14 - 21 Jahre alt werden."

Pashu, Rüde
Foto: Ronald Guldenschuh

Unter der Überschrift "Einige wichtige Aspekte der Zucht"beschreibt Qadirie, welche Maßnahmen zur Erhaltung der alten Linien oder Schläge nötig sind:

  • "Auswahl guter Elterntiere (Rüde und Hündin sind wichtig)."

  • "Aufrechterhaltung der Reinheit der Rasse bezüglich der Merkmale, wie z. B. Höhe, Gewicht, Kopfgröße usw."

  • "Kenntnisse über den Charakter der Eltern, Großeltern und sogar der Urgroßeltern. Auswahl der Eltern mit guter, gesunder Winkelung."

  • "Verständnis für die Geschichte und das Erbgut der Rasse."

So kommt auch bei dieser Beschreibung der Hirtenhunde aus Afghanistan nichts anderes heraus, als die gleiche Feststellung, wie zu den anderen Rassen. Die Kultur und die Arbeitsfähigkeit der Hunde steht immer im Vordergrund, optische Eindrücke sind unwichtig. Wenn es möglich ist, dieses Erbgut in den Ländern Centralasiens zu bewahren, sollte in der westlichen Welt nicht diese Kultur aus meistens kommerziellen, persönlichen und egoistischen Interessen zerstört werden.

Der Schlusssatz gehört Rassaq Qadirie: "Schließlich möchte ich mir nicht herausnehmen, das letzte Wort über diese Rasse zu haben. Ich beschäftige mich immer noch mit alten Rassen und deren Kulturen. Ich bin viele Jahre herumgereist, oft auch unter schweren Umständen. Auf diese Weise konnte ich Informationen und Dokumente über viele verschiedene Hunde sammeln, einfach weil ich diese Tiere liebe. Für mich ist es erstaunlich, dass trotz vieler Schwierigkeiten die Menschen in Afghanistan oder Zentralasien das Erbgut und die Kulturen der Hunde erhalten bzw. weiterentwickelt haben. Es wäre eine Schande, wenn diese Hunde, die die Menschen begleitet und beschützt haben und die auf der Seidenstraße gezogen sind, aussterben."

Hartmut Deckert

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